Nichts ist beständiger als die Veränderung, so möchte man meinen angesichts dessen, was uns tagtäglich aus den Medien und aus dem „politischen Raum“ entgegen kommt oder besser: zugemutet wird.
Ich erinnere mich gut an Zeiten, da die Wohnungswirtschaft als etwas dröge und nicht so interessant dargestellt wurde. Absolventen aus immobilienwirtschaftlichen Studiengängen orientierten sich bei der Suche nach einer ersten Anstellung lieber an den Corporates mit spannenden Stories der Konversion oder Expansion, der schnell wachsenden Logistik, Gewerbeparks usw. Das alles scheint in letzter Zeit einem gewissen Wertewandel unterzogen zu sein. Die Corona-Krise trug in nicht unerheblichem Maß dazu bei. Lockdown, Ausgangsbeschränkungen, Home Office & Co. lassen die Wohnung an sich in einem ganz neuen Licht erscheinen. Zwar stehen im Bundesdurchschnitt jedem Einwohner statistisch gesehen knapp 50 m² Wohnfläche zur Verfügung – aber eben nur im Durchschnitt. Welche Folgen ein mehrmonatiges Home Schooling und Home Office für eine vierköpfige Familie in einer 70 m² großen Wohnung hatte – dafür braucht es nicht viel Fantasie. (Apropos: Weshalb sprechen wir eigentlich nicht vom Heimbüro und Heim- oder Hausunterricht!?) Fakt ist, dass die Wohnung an sich in der öffentlichen Wahrnehmung eine deutliche Aufwertung bekommen hat – und des nicht erst durch die von einigen Akteuren betriebene Politisierung der Wohnungswirtschaft. Erinnert sei hier nur an die etwas merkwürdige „Privatisierungsdebatte“ im hochverschuldeten Berlin. Woher sollen nur die 40 Mrd. € für eine Zwangsverkauf kommen? Das ist dann wohl Berliner Arithmetik? Nun, wir werden sehen …
Aber das ist nur ein Teilaspekt dessen, was uns umtreibt. Völlig offen ist, was mit der CO2-Steuer künftig werden wird. Denn dass es bei der bestehenden Regelung und einer 100%igen Übernahme durch die Mieter bleibt, ist eher unwahrscheinlich.
Die Novelle der Heizkostenverordnung, die am 05.11.2021 den Bundesrat passierte, birgt die nächsten Probleme und Risiken in sich. Allein der Umstand, dass den Mietern in Objekten mit fernablesbaren Messgeräten monatlich Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen zu übergeben sind, bringt enorme Aufwendungen und zusätzliche Kosten mit sich.
Die Branche ist verpflichtet, bis zum Jahr 2045 den Gesamtbestand „klimaneutral“ zu modernisieren und zu betreiben. Dazu nur ein paar wenige Zahlen und Fakten.
1. Der durchschnittliche Modernisierungsaufwand, der mit energetischer Sanierung eines Wohngebäudes verbunden ist, beträgt ca. 1.800 € · m–².
2. Die Baukosten sind lt. Statistischem Bundesamt in den letzten Jahren nahezu linear um 3,5 % p. a. gestiegen. Hält diese Tendenz an, würden die 1.800 € pro m² Modernisierungsaufwand bis zum Jahr 2045 auf etwa 4.110 € pro m² steigen.
3. Die Durchschnittsmiete in Mittel-Deutschland liegt im Jahr 2021 bei ca. 5 € · m–². Der Mietenanstieg beträgt bundesweit im Durchschnitt 1,4 %, sodass 2045 ca. 7 € · m–² erreicht werden.
4. Pro Jahr werden in Deutschland ca. 1 % des gesamten Wohnungsbestandes modernisiert. Soll nun bis 2045 der Gesamtbestand einbezogen werden, ergibt sich unter Berücksichtigung der bereits realisierten Maßnahmen ein jährlicher Anteil von ca. 3,5 %
Es liegt auf der Hand, dass die Schere zwischen Kosten für Modernisierungsmaßnahmen und der voraussichtlichen Mietenentwicklung immer weiter auseinander geht. (Die Politik bezeichnet das zynisch als „Zielkonflikt“.) Ganz abgesehen davon, dass die Baukapazitäten um den Faktor 3 bis 4 erhöht werden müssten. Ist das realistisch?
Wir gehen bewegten Zeiten entgegen, die uns auf lernfähige Entscheider in der Politik hoffen lassen, die der Macht des Faktischen – frei nach Georg Jellinek – irgendwann Tribut zollen werden.