Non Performing Loans sind spätestens seit den großen Transaktionen des Jahres 2004 in aller Munde. Hier eröffnen sich nicht nur Möglichkeiten der Portfoliobereinigung für Banken, sondern gleichzeitig auch Chancen und Risiken für die Kreditnehmerschaft. Für die so genannten Non Performing Loans gibt es keine allgemein gültige Definition, bestenfalls aber den Oberbegriff “notleidend”. Inwieweit ein Darlehen als notleidend eingeordnet wird, variiert aufgrund der unterschiedlichen Richtlinien hinsichtlich der steuerlichen, bilanziellen und aufsichtsrechtlichen Regularien.
Neben den Non Performing Loans (NPL) sind auch Sub Performing oder Distressed Assets/Loans/Debts bekannt. Hier handelt es sich um Verbindlichkeiten, bei denen der Schuldner in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten ist. An den Kapitalmärkten werden sowohl Distressed und Sub Performing als auch Non Performing Loans/Assets/Debts gehandelt. Dabei kennt der Markt unterschiedliche Transaktionen auf Einzelnamen (so genannte Single Names), Baskets und Portfolien.Schließlich existieren auch unerwünschte Darlehen (undesirable loans), die an Investoren ebenso veräußert werden, wie z.B. alle Autohausfinanzierungen einer Bank o.Ä.
NPL-Transaktionen weisen insgesamt eine geringe Publizität aufgrund der von Käufer- und Verkäuferseite abgegebenen Vertraulichkeitserklärungen auf. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass lange Zeit hohe Zurückhaltung auf Seiten möglicher Verkäufer existiert, wohl weil auch eine NPL-Transaktion nur bedingt das Image des jeweiligen Verkäufers verbessert.
Im Dezember 2003 gab etwa die HypoRealEstate Bank AG bekannt, dass sie ein Portfolio mit NPL und einem Volumen von 490 Mio. € an die amerikanische Investmentgesellschaft Lonestar verkauft hat. Auch im September 2004 wurde ein weiteres Portfolio von der HypoRealEstate Bank AG mit einem Umfang von etwa 3,6 Mrd. € verkauft. Dieses Portfolio umfasste insgesamt 4.200 Darlehen. Im Juli 2005 gibt die Dresdner Bank bekannt, dass sie nicht-strategische Darlehen an ein Konsortium aus Lone Star und Meryll Linch verkauft hat. Insgesamt wird der NPL-Markt in Deutschland auf etwa 300 Mrd. € oder 5% des gesamten valutierenden Kreditvolumens geschätzt.
Der Verkauf von NPL´s weist aus Sicht des Verkäufers (Bank) und aus Sicht des Investors völlig unterschiedliche Aspekte auf:
Wenn die Banken letztlich die NPL´s als Konfrontation mit den Fehlern der Vergangenheit wahrnehmen, stellen sie für einen Investor ein laufendes Geschäft dar, bei dem aus deren Sicht die Chancen die Risiken überwiegen ein entsprechendes Pricing vorausgesetzt.
Motivation aus Verkäufersicht
Unmittelbare Wertrealisierung (u.U. außerordentlicher Ertrag) und Liquiditätszufluß
Risikoverifikation bzw. -export
Restrukturierung des Kreditportfolios
Freisetzung finanzieller und personeller Ressourcen
Reaktion auf komplexe aufsichtsrechtliche Vorgaben für Kreditgeschäft
Eigenkapitalentlastung (Grundsatz I)
Verbesserung Eigenrating der Bank
Motivation aus Investorensicht
Restrukturierung des eigenen Geschäftes
Securitisation und Weiterverkauf bzw. -platzierung
Realisierung schneller Gewinne (“Der Gewinn liegt im Einkauf.”) Alte Kaufmannsregel
Quereinstieg in interessante Immobilieninvestitionen
Wer verdient mit NPL´s Geld?
Immer wieder stellt sich die Frage, wie NPL-Transaktionen verlaufen und wer welches Geld dabei verdient. Ausgangspunkt sind Kreditinstitute, die Kredite vergeben haben. Diese sind entweder notleidend geworden oder man will sich aus strategischen Gründen vom Kreditportfolio trennen, wie etwa im Fall der Dresdner Bank AG bei Immobiliendarlehen. Die Kredite werden zum Verkauf angeboten, wobei die Spanne des Kaufpreises in Abhängigkeit von der tatsächlichen Ausfallwahrscheinlichkeit und Verwertbarkeit zwischen ca. 10 % und 60 % der valutierenden Darlehenssumme liegt.
Die Kreditaufkäufer sind in den meisten Fällen Finanzinvestoren aus den USA, die auf die Verwertung von NPL spezialisiert sind. Die verkaufenden Banken geben die Rechte an den Krediten gegen entsprechende Zahlungen an die Kreditaufkäufer ab.
Die Aufkäufer, wie etwa Lone Star erwirtschaften mit den erworbenen Krediten Renditen, die nach eigenen Angaben zwischen 20 % und 30 % liegen sollen. Die genannten Renditeziele sind dabei zuallererst und unter Nutzung des Leverage-Effektes zu erzielen.
Die Kreditaufkäufer werden jedoch in den wenigsten Fällen selbst die Verwertung der Kredite vornehmen, sondern geben diese Aufgabe an Service-Gesellschaften ab, wie etwa die von Lone Star gegründete Hudson Advisors Germany GmbH. Zu den wesentlichen Aufgaben der Service-Gesellschaften gehört die Überwachung der Ratenzahlung, die Verwertung von Sicherheiten, unter Umständen das Beschreiten des Klageweges und in letzter Konsequenz auch die Zwangsversteigerung. Darüber hinaus sind die Servicer als Datentreuhänder tätig, da aufgrund der Geheimhaltungspflicht in Verbindung mit dem Umgang sensibler und personenbezogener Daten die Investoren selbst keine Kenntnis haben (dürfen), wer hinter den einzelnen Adressen der erworbenen Kredite steckt.
Für die ordnungsgemäße Tätigkeit der Servicegesellschaften ist deren Autorisierung durch die Kreditaufkäufer notwendig. Sofern die Service-Gesellschaften die ihnen zugedachten Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen, erhalten sie dafür entsprechende Vergütungen, die u.a. auch einen Provisionsanteil beinhalten. Im Gegenzug erwarten die Finanzinvestoren, dass die Service-Gesellschaften aus der Beitreibung von Raten bzw. der Verwertung von Sicherheiten einen entsprechenden Mittelzufluss absichern.