Wie entstehen Unternehmenskrisen?
Starke Unternehmen lernen aus Fehlern und Problemen, schwache lernen nicht und machen die gleichen Fehler mehrmals. In der Regel sind es mehrere, nacheinander auftretende Probleme, die im Kern ungelöst bleiben und dadurch das Unternehmen in die Krise stürzen. Die Krise ist bereits eine starke Aufforderung zum Umdenken und zum Lernen.
Kausal dargestellt, gibt es ein erstes Problem, das ungelöst bleibt und vorweg geschoben wird. Dies führt zu weiteren Konflikten im Unternehmen. Wenn das Problem nicht generell und nachhaltig gelöst wird, sondern die Risikoindikatoren unterdrückt werden, führt das zu Frustrationen auf breiter Basis und einem Auseinanderdriften von Management und Belegschaft.
Eine Unternehmenskrise ereignet sich i.A. nicht plötzlich und schon gar nicht ohne Vorankündigung. Sie ist meist das Ergebnis vieler kleiner Krisen und basiert auf alten, nicht vollständig bewältigten Problemen. In der Regel sind es letztendlich Fehlentscheidungen der Unternehmensführung, die eine Krisensituation hervorrufen.
Das Erkennen und Eingestehen von betriebswirtschaftlichen Krisensituationen sind generell die ersten und schwierigsten Schritte bei der Bewältigung von Unternehmenskrisen. Insbesondere wenn sich betriebswirtschaftliche Kennzahlen verschlechtern, wird dies oftmals einzelnen Ereignissen zugeordnet; strukturelle Probleme werden nicht erkannt oder falsch interpretiert, notwendige Korrekturmaßnahmen bleiben aus. Unternehmen gleiten so von einer strategischen in eine operative Krise. Unstrittig gehört menschliche Größe dazu, Fehler und Probleme sich selbst einzugestehen und den Rat von Externen einzuholen.
Verdrängung als Lösung?
Verdrängung gilt in der Psychologie als eine Bezeichnung für einen Mechanismus, der darauf zielt, unangenehme Vorstellungen aus dem Bereich bewusster Empfindungen fernzuhalten. Verdrängen wird auch als Synonym für selektive Wahrnehmung und selektive Denkprozesse verwendet. So wie Normen und Tabus sehr stark im Unterbewussten eines Menschen verankert sind, so werden auch bei Unternehmern in der Krise die Verdrängungsmechanismen zunehmend stärker in Anspruch genommen und funktionieren als Abweiser von unangenehmen Auseinandersetzungen in der unmittelbaren Gegenwart.
Eine Art Vogel-Strauß-Taktik.
Die Konflikte werden aufgestaut und ignoriert. Verdrängungsmechanismen haben häufig ihre Ursachen im gesellschaftlich definierten Wertesystem und in der Aufrechterhaltung eines positiven Selbstbildes. Im Krisenfall führt die Verletzung von geltenden Normen zu Angst- und Schuldgefühlen und damit zu einer negativen Selbstbewertung, die soweit führen kann, dass eine Person an der Aushöhlung ihres Selbstwertgefühles zerbrechen kann.
Der Tunnelblick
Eine Überkonzentration auf die bedrohenden Faktoren lassen diese übermächtig für den Betroffenen erleben, so dass er das Umfeld nicht mehr wahrnimmt. Das Blickfeld engt sich schrittweise ein, es führt zur Inflation der Wahrnehmung, zum Tunnelblick.
Die selektive Wahrnehmung in der Krise findet überwiegend im Feld der erlebten Bedrohung statt. Ein ursprünglich erkundungsgesteuertes Verhalten weicht einem angstgesteuerten. Schließlich läßt jeder Anruf der Bank oder eines Lieferanten den Unternehmer hochschrecken. Er nimmt vorweg bereits das Unangenehme an, obwohl sich später meist herausstellt, dass es sich lediglich um Tagesangelegenheit handelt. Diese Einengung verursacht höchsten Streß beim Unternehmer, der in der ohnehin angespannten Situation verheerende Auswirkungen haben kann.
Der Krise bricht offen aus
Auch traditionelle und scheinbar gut entwickelte Unternehmen erleiden Krisen, obwohl nach außen ein rundes und durchaus positives Bild erscheint. Eine innere Desorientierung zeigt sich in endlosen Meetings ohne konkretes Ergebnis. Eine Erstarrung der Informations- verarbeitung hat sich auf breiter Basis stabilisiert.
Diskussionen werden um Symptome und Randfaktoren geführt, der Problemkern, die Wurzeln bleiben unverändert, weil diese Sachverhalte verdrängt werden. Das Management bestärkt sich gegenseitig und stützt sich gegenseitig mit wohlwollenden Gesten. Die unangenehmen Fragesteller sind ja wahrscheinlich bereits ausgeschieden. Das Peter-Prinzip ist perfekt…
Guter Rat ist teuer?
Ist tatsächlich die Unternehmenskrise ausgebrochen, gibt es mehr oder weniger drei Handlungsalternativen:
>>>Die Augen bleiben weiter geschlossen und das Unternehmen verlässt den einmal eingeschlagenen Kurs nun erst recht nicht – siehe oben, Vogel-Strauß-Taktik – bis andere Mechanismen greifen und Entscheidungen getroffen werden.
>>>Der Unternehmer springt über seinen eigenen Schatten und nimmt externen Rat und professionelle Hilfe an – das sollte umso leichter fallen, wenn exogene Umstände die Krise herbei geführt haben.
>>>Die Gläubiger veranlassen u.U. auf ihre eigenen Kosten den Einsatz eines externen Beraters, um zu retten, was zu retten ist.
Sieht man davon ab, dass die erste Variante in der Tradition der Selbstverleugnung und Ignoranz steht, ist bei den beiden anderen Alternativen oftmals eine echte Chance zur Restrukturierung und zum Erhalt des Unternehmens gegeben. Auch wenn am Beginn eines Sanierungsprozesses immer die unangenehme Frage nach den Ursachen der Krisensituation steht – der Auftrag des Beraters ist der Erhalt und die Fortführung des Unternehmens. Vielleicht lässt sich die Rolle eines Unternehmensberaters am besten mit der eines Arztes vergleichen, der manch bittere Medizin verabreichen muss, damit der Patient wieder gesunden kann.
Das Zitat zur Krise
Das ist kein Zufall: In der chinesischen Schrift gibt es für die Begriffe “Krise” und “Chance” nur ein Zeichen.
Unbekannt