Kaum ein anderer Begriff hat in der Finanz- und Kreditwirtschaft für so viele Irritationen geführt, wie “Basel II” und sein begrifflicher Zwillingsbruder “Rating”. Die folgenden Ausführungen sind mit den zugehörigen Links bestenfalls in der Lage, einen Überblick über die doch recht komplexe Problematik zu geben. Im Detail der neuen Eigenkapitalvereinbarung verbergen sich eine Vielzahl juristischer, wirtschaftlicher und finanzmathematischer Probleme, die noch auf ihre praktische Lösung, Umsetzung und Erprobung warten.
Basel II und Rating – Auszug aus dem zugehörigen Tagesseminar mit den Themenkreisen
- Von Basel I zu Basel II
- Konsequenzen für Kreditnehmer und Banken
- Ratingverfahren – externes versus internes Rating
- Standard-, Basis- und fortgeschrittener Ansatz
- praktischer Ablauf von Ratingprozessen
- Empfehlungen zur Vorbereitung auf den Ratingprozess
- Vergleich unterschiedlicher Ratingsysteme
Historie
Im Jahr 1988 wurde vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht das Konsultationspapier zur “Neuen Eigenkapitalvereinbarung” (Basel I) veröffentlicht. Ziel dieser Richtlinie war die Förderung und Sicherung eines funktionierenden Bankwesens. Diese Richtlinie beinhaltete die Vorgaben, dass Kreditgeber bei Kreditvergabe diese mit Eigenkapital unterlegen müssen. Die Eigenkapitalunterlegung muss dabei i.A. mindestens 8% der Kreditsumme betragen, wobei eine starre Zuordnung der Kreditnehmer in risikoaverser Form zu bestimmten Gruppen erfolgte. Diese Regelung wurden einem immer dynamischer werdenden Finanzsystem aber bald nicht mehr gerecht. Kritiker bemängelten unter anderem, dass die Risiken der Kreditvergabe einer Bank nur unzureichend abgebildet werden und neue Finanzierungsmöglichkeiten nicht berücksichtigt würden. Daher wurden die Vorgaben überarbeitet und angepasst.
1999 veröffentlichte der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht das “Erste Konsultationspapier zur Neufassung der Eigenkapitalvereinbarung”. Die darin enthalten Anregungen zur Reform der “Neuen Eigenkapitalvereinbarung” (Basel I) wurde unter dem Namen Basel II publiziert. Darin war unter anderem der Vorschlag enthalten, die Eigenkapitalunterlegung durch eine risikogerechtere Regelung zu verbessern.
Nach weiteren inhaltlichen Änderungen wie das Absenken der Unterlegung durch Eigenkapital bei Krediten an kleine und mittlere Unternehmen, mehrfacher Verschiebung des Termins des Inkrafttretens von Basel II und mehreren Studien zur Auswirkung der Maßnahmen, wurde im Juni 2004 die Endfassung von Basel II vorgelegt und wird seitdem in EU- Recht übernommen.
Basel II wird seit 2004 in deutsches Recht umgesetzt. Ab 2006 gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr. In dieser Zeit werden Basel I und Basel II parallel angewendet. Ab dem 1. Januar 2007 gelten dann nur noch die Regelungen von Basel II. Für Bereiche, die in Basel II nicht geregelt sind, gelten weiter die Regelungen von Basel I.
Die Baseler Eigenkapitalempfehlung steht als kompletter Download zur Verfügung.
Basel II – EU-Ausschuss verbessert Mittelstandskomponente
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hat den Beschluss des Ausschusses für Wirtschaft und Währung ECON des Europäischen Parlaments begrüßt, die sog. Mittelstandskomponente beim fortgeschrittenen internen Ratingansatz des Basel II-Paketes von 500 Mio. Euro auf 1 Mrd. Euro anzuheben.
“Damit rückt eine praktikable und sachgerechte Ausnahmeregelung für die deutschen Wohnungsunternehmen in greifbare Nähe, in deren Folge längerfristige Hypotheken-Finanzierungen nicht mit Laufzeitzuschlägen belegt werden”, erklärte GdW-Präsident Lutz Freitag. Dies sei ein großer Erfolg für die Interessenvertretung der deutschen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft durch den GdW in Brüssel.
Eine wesentliche Verschlechterung der Refinanzierungsbedingungen für die kapitalintensive Wohnungs- und Immobilienwirtschaft könne damit in einem wichtigen Punkt abgewendet werden, wenn sich einerseits das Plenum des Europäischen Parlaments im September und der Ministerrat der EU dieser jetzt vom Parlamentsausschuss beschlossenen Lösung anschließt und andererseits die EU-Mitgliedsstaaten diese Lösung in nationales Recht umsetzen. GdW-Chef Freitag appellierte an die EU-Gremien und den deutschen Gesetzgeber, entsprechend der Ausschussempfehlung zu verfahren.
Basel III und Basel IV
Ziemlich sicher ist, dass nach erfolgreicher Implementation der Regelungen aus Basel II bald auch ein Basel III und ein Basel IV folgen werden.
Basel III wird dabei die Aufgabe zuteil, den bereits aus Basel I unverändert übernommenen Eigenkapitalbegriff zu relativieren, da sich Basel II nur mit den Risikoaktiva beschäftigt hat. Die bankaufsichtlich anerkannten EK-Komponenten stehen letztlich nicht für alle Zeiten fest, da neue innovative Instrumente des Financial Engineering zur Verfügung stehen und Berücksichtigung finden müssen. Letztlich besteht bereits mit der Einführung des IFRS ein entsprechender Handlungsdruck, da die damit verbundenen Bilanzierungsrichtlinien das Eigenkapital auf eine aus aufsichtsrechtlicher Sicht unerwünschte Höhe treiben.
Basel IV soll schließlich die bankinternen Modelle der Kreditrisikokalkulation evaluieren, bzw. den dafür notwendigen aufsichtsrechtlichen Rahmen vorgeben, um diese Modelle anerkennen zu können.
Das Zitat zu Basel II:
Das allgemeine Wohl soll das höchste Gesetz sein.
Salus Publica suprema lex esto.
Lateinisches Sprichwort