Die Kondratjew-Zyklen beschreiben eine zyklische Wirtschaftsentwicklung, die der russische Wirtschaftswissenschaftler Kondratjew entdeckt hat. Er stellte anhand empirischen Materials aus Deutschland, Frankreich, England und den USA fest, dass die kurzen Konjunkturzyklen von langen Konjunkturwellen überlagert werden. Diese 40 bis 60 Jahre dauernden langen Wellen bestehen aus einer länger andauernden Aufstiegsphase und einer etwas kürzeren Abstiegsphase.
Kondratjew konnte zu diesem Zeitpunkt zweieinhalb solcher langen Wellen feststellen, wobei er davon ausging, dass sich die dritte Welle Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts ihrem Ende zuneigen würde, was auch mit dem Börsenkrach und der Weltwirtschaftskrise eintrat. Joseph Schumpeter verwendete in seinem Werk über Konjunkturzyklen für lange Konjunkturwellen den Begriff der “Kondratjew-Zyklen”. Er stellte heraus, dass die Basis für die langen Wellen grundlegende technische Innovationen seien, die zu einer Umwälzung in der Produktion und Organisation führen.
Über den zeitlichen Ablauf der Kondratjewschen Zyklen besteht generell Einigkeit:
1. Zyklus (ca. 1780-1849): Frühmechanisierung; Beginn der Industrialisierung und Erfindung der Dampfmaschine
2. Zyklus (ca. 1849-1890): Zweite industrielle Revolution und Erfindung der Eisenbahn
3. Zyklus (ca. 1890-1940): Erfindung und Anwendung von Elektrotechnik, Chemie und Schwermaschinen
4. Zyklus (ca. 1940-1980): Erfindung und Anwendung von integrierten Schaltkreisen, Kernenergie und das Automobil wird zum Gebrauchsgegenstand
5. Zyklus (ab 1980): Erfindung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnik
Der sechste Kondratjewsche Zyklus ist noch in einer sehr frühen Phase; man kann aber schon Konturen erkennen. Im nächsten Zyklus wird wahrscheinlich der gesellschaftliche Bedarf nach Gesundheit in einem ganzheitlichen Sinne – auch seelische, ökologische und soziale Gesundheit – im Vordergrund stehen.
Jeder Kondratjew-Zyklus ist nicht nur die Verwirklichung bestimmter Erfindungen sondern befriedigt auch einen Bedarf der Gesellschaft. Der nächste Innovationsschub kann im Wesentlichen davon abhängen, dass künftig die weichen Faktoren (Kompetenzen im Umgang mit Menschen, Kreativität, Motivation, Verantwortungsgefühl) besser genutzt werden.
Nun stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die einzelnen Kondratjewschen Zyklen auf die Immobilienwirtschaft hatten und haben werden. Arno August Jagdfeld vertritt dazu folgende Auffassung:
Die Immobilie des ersten Kondratjew war die Fabrikhalle.
Die zweite Welle brachte Gleisanlagen, Tunnels, Brücken, Bahnhöfe mit sich.
Auf der Bugwelle des dritten Zyklus Elektrotechnik und Chemie entstanden Leitungs-Trassen, Pipelines und gigantische Produktionsanlagen.
Der Immobilien-Reflex auf den vierten Kondratjew, aufkommende Mineralölwirtschaft und boomende Automobilindustrie, war der Bau von Fabrik- und Lagerhallen, von Raffinerien, Tankstellen und des Straßennetzes.
Mit dem E-Business oder dem E-Commerce wird die Nachfrage nach verkehrsgünstig angebundenen Logistikzentren noch steigen. Damit ist auch schon die Immobilie des fünften Kondratjew definiert: die Logistik-Immobilie.
Bleibt die Frage nach der Immobilie des sechsten Kondratjew. Der Megamarkt Gesundheit spiegelt den gesellschaftlichen Bedarf nach Wohlbefinden, Fitness und Entspannung wider. Ein Ur-Bedürfnis aller ist die Erhaltung der Leistungskraft und die Vermeidung von Krankheiten der Begriff “Wellness” bringt diese Sehnsucht auf den Punkt. Wir stehen vor dem Zeitalter der “Wellness-Immobilie”!