Die GoBD – alter Wein in neuen Schläuchen?

Kategorie: Aktuelles

Die voranschreitende Digitalisierung bringt in den täglichen Arbeitsprozessen viele Vorteile, doch sie stellt auch neue Herausforderungen an alle Unternehmen. Aktuelles Beispiel: die „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“, kurz „GoBD“. Sie sind eine Reaktion der Finanzverwaltung auf die digitale Entwicklung und bergen eine Vielzahl (neuer) Fallstricke.

Verschärft wurden beispielsweise die Anforderungen an die zeitgerechte Erfassung und Ordnung von Grundbuchaufzeichnungen. Erstmals gibt es dazu eine zeitliche Orientierung. Sie sieht vor, dass unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen und Kontokorrentbeziehungen innerhalb von acht Tagen erfasst werden.

Die von den Unternehmen geforderte und anzufertigende Prozess-/Verfahrensdokumentation sollte eine Reihe von Fragen beantworten, unter anderem wie Belegeingang und Belegidentifikation organisiert sind, wie die Vollständigkeit der gesammelten Belege sichergestellt wird, nach welchem Ordnungssystem und an welchem Ort die Belege abgelegt werden, wer darauf zugreifen kann und wie der Ablageort vor Zugriffen Unbefugter und vor Verlust geschützt ist.

Zudem gilt der Grundsatz der Unverfälschbarkeit von Buchungen und Aufzeichnungen. Sie dürfen nicht derart verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar bzw. lesbar ist oder dass nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob die Änderungen ursprünglich oder erst später erfolgt sind. Formate wie Office und Aufbewahrungsformen wie Dateisysteme erfüllen die Ordnungsmäßigkeitsanforderungen nicht ohne Weiteres. Allerdings können hardware- und softwaretechnische sowie organisatorische Maßnahmen nebeneinander die Unverfälschbarkeit sicherstellen.

Auch beim Umfang der Aufbewahrungspflichten ist Vorsicht geboten. Alle Einzelaufzeichnungen und Stammdaten mit steuerlicher Relevanz aus den Vor- und Nebensystemen der Finanzbuchhaltung, einschließlich der Schnittstellen zwischen den Systemen, sind aufzubewahren und müssen für einen maschinellen Zugriff durch die Finanzverwaltung im Zuge einer Außenprüfung bereitgestellt werden. Bei der Form der Aufbewahrung und der Formatwahl sind gemäß GoBD die Daten während der Aufbewahrungsfrist in der Form vorzuhalten bzw. zu archivieren, wie sie im Unternehmen entstanden und eingegangen sind. Allein diese Forderung birgt momentan eine Reihe von Problemen, wenn das verwendete ERP-System gewechselt wird.

Im Zuge der weiteren Digitalisierung kann das Verfahren des „Ersetzenden Scannens“ genutzt werden. Original-Papierbelege können nach dem Scan vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Original aufzubewahren sind. Für diesen Prozess ist ebenfalls eine Verfahrensdokumentation Voraussetzung, aus der unter anderem hervorgeht, wann was von wem gescannt wird und in welcher Weise die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit erfolgt. Bei Dokumenten mit Belegfunktion ist sicherzustellen, dass eine Prüfbarkeit sowohl vom Beleg zur Buchung als auch von der Buchung zum Beleg für die gesamte Frist der Aufbewahrung garantiert werden kann.

Um die Buchhaltung für Betriebsprüfer nicht angreifbar zu machen und somit eventuelle steuerliche Nachteile von vornherein zu vermeiden, sollte in jedem Unternehmen zeitnah und genau geprüft werden, ob die Finanzbuchhaltung einschließlich der Vor- und Nebensysteme den gestiegenen Anforderungen der Finanzverwaltung in puncto „GoBD“ genügt und welche Anpassungen sich erforderlich machen.

Erfahrungsgemäß sind vor allem die Abläufe der einzelnen Prozesse, in denen Daten und Belege mit steuerlicher Relevanz im Unternehmen eingehen, entstehen und bearbeitet werden hinsichtlich der Sicherstellung ihrer Unverfälschbarkeit und gegen Verlust kritisch zu prüfen.

Dr. Frank Winkler

Finanz- und Wirtschaftsberatung Dr. Winkler GmbH

Zschopauer Straße 216

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